Bericht „Männer – irgendwie anders“
„Männer – irgendwie anders“ lautete der Titel der Fachtagung am 9. November im Haus der Familie, die den Abschluss der Veranstaltungsreihe „Männer – Vielfalt“ bildete. Die Tagung an der sich knapp 30 Personen aktiv einbrachten, ging der Frage nach, wie Männer angesprochen und erreicht werden können und wie sie sich in Familie und Partnerschaft einbringen und mit welchen Verhalten sie versuchen Herausforderungen zu bewältigen.
Die alltägliche Arbeit in pädagogischen Institutionen und Beratungseinrichtungen wird von unsere Vorstellungen von Mann und Frau beeinflusst. Männer erleben pädagogische Einrichtungen (Kindergarten, Grundschule) und Beratungsstellen auf Grund der fast ausschließlich weiblichen Mitarbeiterinnen als ein fremdes Terrain. Die Mitarbeiterinnen wiederum beklagen sich über die „fernen Männer“. Rund 20 Teilnehmer_innen haben sich einen Tag lang auf unterschiedliche Weise mit dem Thema beschäftigt.
Zu Beginn fassten Armin Bernhard von der Freien Universität Bozen und Gerd Stecklina von der Fachhochschule München die Daten aus verschiedenen Studien zusammen:
In Südtirol beträgt der Anteil der Männer im Bereich Soziales 15% (im Bereich Kindergarten sind es ein paar wenige bis zur Oberschule steigt der Anteil auf 40%). 83% sind Vollzeit angestellt, 40% in Leitungsfunktion. 85% sind Quereinsteiger mit einem anderer beruflichen Schulabschluss. Sie sind vorwiegend in den „männlichen Risikobereichen“ Sucht, Wohnungs- und Obdachlose etc. tätig, kaum welche finden sich in den Bereichen Senioren, Kinder, Familie. Einige erleben Misstrauen oder mangelndes Zu- bzw.Vertrauen Sorge Tätigkeiten kompetent ausführen zu können. Männer fühlen sich auch oft unterbezahlt.
Somit treffen nun Männer als Partner, Väter bzw. Ratsuchende zumeist auf eine weiblich dominierte und geformter Welt. Daher fühlen sie sich oft fremd im von Frauen geprägten Umfeld, in ihren Fähigkeiten und Kompetenzen unterschätzt. Beratung verbinden im psychosozialen Bereich oft als Eingeständnis von Bedürftigkeit während in wirtschaftlichen Bereich Beratung (Unternehmens-, Finanz- oder Versicherungsberatung) ein hohes Ansehen genießt (auch wiederum überwiegend von Männern und zu Hause bzw. im Betrieb angeboten wird). Daher überrascht es nicht, dass nur 11% der Männer in Südtirol psychosoziale Beratung in Anspruch genommen haben.
Auf Grund ihrer Sozialisation tendieren Männer dazu in herausfordernden, schwierigen Situationen sich als Person rauszunehmen, sie sprechen über, aber nicht von sich. Sie orientieren sich am einsamen Helden, der die Probleme alleine löst. Gefühle haben keinen Platz, daher haben sie wenig Zugang zu ihnen und können sie oft auch nicht ausdrücken. Sie neigen eher dazu alles zu analysieren, zu erklären und Lösungen zu finden. Wichtig ist es die Kontrolle zu behalten und sich nicht in Abhängigkeiten zu begeben. Leider führt dieses „lonely Cowboy“ Verhalten manchmal zu einem traurigen Ende. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO nehmen sich jedes Jahr knapp 790’000 Menschen weltweit das Leben, mehr als 500’000 davon sind Männer.
Die Arbeit ist sehr dominant, sowohl was den Zeitaufwand betrifft als auch thematisch. 95% der Männer sagen sie besprechen ihre Probleme mit der Partnerin. Die Partnerinnen sagen, dabei geht es nur um ein Thema: die Arbeit. Beratungstermine, Elterngespräche und Bildungsangebote können zumeist nur nach der Arbeit am Abend oder am Wochenende wahrgenommen werden. Selbst bei der Weiterbildung zählt für Männer nur etwas was sich entweder im Betrieb oder für seine zukünftige berufliche Perspektiven nützen lässt.
Was persönliche Themen betrifft steht an erster Stelle Sport, Sprachkurse und ev. Ernährung. Erziehung kein Thema, erst ab 50 beginnen sie sich für Kurse zur Bewältigung von Sinnkrisen zu interessieren. Bei den Ängsten der Männerstehen drei Themen ganz oben: erstens Zukunft, zweitens Leistungsanforderung, drittens Partnerin bzw. Kinder verlieren. 30-40% der Männer erleben auch die Zeit nach der Geburt als problematisch (60-80% der Frauen). Männern fehlen Rollenvorbilder für einen anderen, gesünderen Umgang mit Herausforderungen und Schwierigkeiten, den Einrichtungen im pädagogischen und sozialen Bereich fehlen die männlichen Mitarbeiter, um die andere Hälfte der Welt in ihre Organisationen zu bringen.
Die Fachtagung war der Abschluss der Veranstaltungsreihe „Männervielfalt“ organisiert vom Haus der Familie, dem Südtiroler Kinderdorfe, „väter aktiv“ und der Caritas Männerberatung. Es gab drei Fokusabende zu Beruf, Familie und Freizeit: Am 15. September fand in Brixen ein „Iron-Man statt“. Männer standen in einer von Frauen geführten Bierbrauerei am Bügelbrett. Am 28. September diskutierte bei Dr. Schär in Burgstall eine Runde zum Thema „Väter in der Wirtschaft“ und am 7. Oktober fand eine Sonnenaufgangswanderung zum Kofl über Bruneck statt.