Papa Start Up
Väter haben einen anderen Start in die Elternschaft als Mütter. Sie spüren nicht in gleicher Weise, wie sich der Nachwuchs in der Schwangerschaft entwickelt und somit entwickelt sich auch die Bindung zum Kind auf anderen Wegen. Trotzdem haben Väter genauso wie Mütter eine intuitive Veranlagung sich vom ersten Tag an fürsorglich um das Baby zu kümmern.
Am 19. sowie 24. September fanden runde Tische zur Die Rolle des Vaters rund um die Geburt und in den ersten Lebensjahren statt. Eingeladen hat die Sozialgenossenschaft aktiv und die Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Gekommen sind insgesamt knapp 30 Teilnehmer_innen aus dem Krankenhaus (Christoph Alber – Pflegedienstleiter, Sibylle Kaserer MuKi / Kreißsaal; Sozialdienst), dem Gesundheitssprengel (Ingrid Stecher + Margot Teissl – Elternberatung, Thomas Lechthaler – Naturns; Krankenpflegedienst), dem psychologischen Dienst (Heidi Heel), des ZPG (Harald Tappeiner), des Reha Dienstes, der Familienberatung, dem Sozialsprengel, der PSB und der MigrantInnenberatung Flori der Caritas, der Kitas (Tagesmütter, Kinderfreunde, Vinzenzheim), Elki und Väter.
Nach der Begrüßung durch Manuela Ortler, Leiterin des Bereichs Kinder und Jugendliche im Sozialsprengel Vinschgau erzählte Philipp Theiner über seine Erfahrungen als junger Vater. Ungewohnt war es für ihn „untätig“ während der Geburt die Rolle des Beistands zu übernehmen. Die Umstellung im Alltag war eine Herausforderung und den Vorsatz trotz Vollzeitjob auch Zeit für seine Tochter zu haben, gelang erst als er sein gesetzliches Recht auf täglich 2 Stunden Ruhezeit bei seinem Arbeitgeber durchsetzen konnte. Immer wieder sind auch die Klippen zu meistern, die sich aus der Differenz zwischen eigener Vorstellung der Vaterrolle und Erwartungen und Reaktionen von Mutter bzw. Schwiegermutter ergeben.
Danach gab es ein Impulsreferat von Michael Bockhorni, Geschäftsführer von der Sozial-genossenschaft väter aktiv. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Rollenbild des Vaters massiv verändert. Heutzutage ist es selbstverständlich das Väter bei der Geburt im Geburtsvor-bereitungskurs bzw. im Kreißsaal dabei sind. Die Anzahl der Väter die in Karenz gehen steigt in allen europäischen Ländern und auch in der Region Südtirol – Trentino stark an. Die Beziehung bzw. Bindung zum Kind beginnt in der Schwangerschaft, verstärkt sich mit der Teilnahme an der Geburt und vertieft sich durch die Pflege des Neugeborenen. Wenige Monate alte Babys können schon ausdrücken, ob sie lieber mit der Mutter oder dem Vater zusammen sein wollen. Väter sind ganz wichtig für die gesunde Entwicklung von Kindern. Sie beeinflussen ganz wesentlich eine komplikationsfreie Stillphase, sie fördern Autonomie und Selbstvertrauen, die Auseinandersetzung mit der Umwelt, die Sprachentwicklung, die Regulation starker Empfindungen und Gefühle, die soziale Kompetenz, Problembewältigungsfähigkeiten und vieles mehr. Väter weiten den Wertehorizont der Kinder und sind wichtige Rollenvorbilder für Söhne wie Töchter und deren zukünftigen Partnerschaften.
Leider kommt es zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr häufig zu Trennungen durch die Überforderung als junge Eltern. Michael Bockhorni wies darauf hin wie wichtig es ist, dass nicht nur auf genug Zeit (Aufmerksamkeit und Fürsorge) für das Kind, sondern auch auf die Partnerschaft sowie die Eigenzeit für Mutter, Vater und Kind geachtet wird.
Wichtig ist auch das Verhalten der Mütter gegenüber den Vätern. Aussagen wie „Nicht so grob, laß mich mal ran, ich zeig Dir wie das geht,… Das schaffst Du ja eh nicht, das überfordert Dich“ frustieren junge Väter und setzen einen Teufelskreis in Gang, der mit den gegenseitigen Vorwürfen „er kümmert sich nicht“ und „sie lässt mich ja nicht“ endet. Dabei ist gerade die Stillzeit kritisch, Väter fühlen sich leicht zurückgesetzt bzw. als Zuarbeiter der Mutter. „Bring mir, hol mir, mach mal schnell“. Daher ist es wichtig, dass sie auch selber Zeit mit dem Kind verbringen und eine eigene emotionelle Beziehung aufbauen können (wie z.B. regelmäßiges Wickeln oder gemeinsames Baden). Dann sind sie auch eine Unterstützung und Entlastung für die Mutter. Wer also partnerschaftliche Elternschaft statt traditionelle Rollenbilder leben will, braucht viel Kommunikation und den Mut Neues auszuprobieren.
Im zweiten Teil ging es um einen Erfahrungsaustausch und wie Väter in die Arbeit der verschiedenen Dienste und Familienorganisationen stärker einbezogen werden können. Dies beginnt bei der künstlichen Befruchtung durch Samenspender, bei Schwangerschaftskonflikten und pränataler Diagnostik über Fehl- bzw. Totgeburten hin zu postnataler Depression und schwierigen Säuglingen.
Für junge Väter ist dies oft der erste Kontakt zu außerberuflichen Bildungs- und Beratungsangeboten. Daher ist es wichtig sie in Text und Bild anzusprechen, die Gesprächssituation eher an der Arbeitswelt zu orientieren (Tisch und Sessel statt Isomatte und Sitzkreis, Flipchart und Videos statt kreative Materialien). Gnaz wichtig ist es natürlich bei der Terminwahl die Arbeitszeiten bzw. die Verfügbarkeit des Vaters zu berücksichtigen bzw. abzufragen. Hilfreich sind auch geschlechtshomogene Gruppen („Väter unter sich“) bzw. geschlechtlich gemischte Leitung bzw. Beratung.
väter aktiv bietet Vätermodule in Geburtsvorbereitungskursen, Papa Start Up Workshops für frischgebackene Väter, Elternworkshops für partnerschaftliche Elternschaft, Coaching für Väter bzw. Elternpaare sowie Organisationsberatung bzw. -entwicklung sowie Weiterbildung zu „vätersensibler“ Gestaltung von Angeboten.